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Reinigungsstrategie: Verblockte Membranen öffnen

Die Bayerische Milchindustrie eG (BMi) ist es als Molkerei und Genossenschaft mit 70-jähriger Tradition gewohnt, unterschiedliche Anforderungen und Interessen im Sinne der Kundenzufriedenheit, miteinander zu vereinen. Die differenzierte Marktaufstellung und das breite Produktportfolio der einzelnen Standorte bildet neben dem hohen Qualitätsanspruch und der Innovationskraft, die Basis für den Erfolg des Unternehmens. Mehr als 1.200 Milchbauern, vor allem aus Bayern, Thüringen und Sachsen- Anhalt beliefern die sechs Verarbeitungsbetriebe. Als eines der größten deutschen Molkereiunternehmen verarbeitet die BMI jährlich 900 Mio. kg Milch und über 2 Mrd. kg Molke. Die BMI ist einer der größten Molkenpulverhersteller Deutschlands; daneben ist die Produktion von Käse eine tragende Säule. Mit moderner Molkereitechnik stellt die Molkerei an ihren Produktionsstandorten in Bayern und Sachsen-Anhalt hochwertige Trocken-, Frische und Käseprodukte her. Am Standort Zapfendorf werden hauptsächlich Trockenprodukte hergestellt.

Verfahrenstechnisches Wissen und chemische Fachkenntnisse in der Praxis

„Nach längerem Betrieb einer Ultrafiltrationslinie kam es dort zu sehr hartnäckigen und irreversiblen Verblockungen auf der Membran“, erläutert Markus Schreiber, Verkaufsleiter
AMC International bei der Halag Chemie, die damalige Kontaktaufnahme des langjährigen Kunden. Trotz mehrfacher Wiederholung der etablierten und generell sehr gut funktionierenden Reinigungsprozedur konnte die Leistung der Membran nicht mehr regeneriert werden. „Erst durch den Einsatz eines speziellen Enzymcocktails wurde mithilfe dieser
einmalig angepassten Reinigungsprozedur, die Leistung der Anlage wieder auf den ursprünglichen Wert zurückgeführt“, ergänzt Denis Hahn, Fachberater des Schweizer Unternehmens
und direkter Ansprechpartner der Kunden in Deutschland. Damit dieser spezielle Enzymcocktail seine optimale Wirkung entfalten konnte, musste während der Reinigungsprozedur
der pH-Wert auf mehrere, unterschiedliche pH-Stufen eingestellt und kontrolliert werden. Nach dem Erreichen jeder pH-Stufe folgte eine ausreichend bemessene Einwirkzeit der Enzyme. Im Anschluss an diese angepasste Reinigung erfolgte in diesem Fall, die herkömmliche Reinigung unter den üblichen Bedingungen sowie den seit mehreren Jahren etablierten Reinigungsmitteln von der Halag Chemie. Durch diese, von der üblichen Routine abweichende, Methode konnten die Membranen schonend und ohne oxidativ schädigende Chemikalien
effektiv gereinigt werden, sodass diese auch weiterhin für den Produktionsprozess zur Verfügung stehen.

Membranfiltration in der Milchindustrie

Kein Käse ohne Molke. In der Vergangenheit häufig als Nebenprodukt von geringem Wert betrachtet, ist die in der Käserei anfallende Molke heute ein wertvoller Rohstoff. Neben
den darin enthaltenen Molkeproteinen (überwiegend Lactalbumine und Lactoglobuline) enthält die Molke noch weitere gelöste Bestandteile wie Mineralsalze, Milchsäure, Lactose
und Reste von Fett bzw. Lipiden und Nichtproteinstickstoff- Verbindungen. Durch die Fraktionierung der abgetrennten Molke werden in der Membrananlage, die darin enthaltenen,
wertvollen Bestandteile gewonnen. Die Membran ist ein Filter und wie bei jeder Filtration lagern sich beim Durchströmen mit einem Medium, Rückstände an ihr ab. Dabei erleidet die Membran einen Leistungsverlust. Praktisch alle Membranen – in allen Anwendungen – unterliegen diesem sogenannten Fouling. Es wird zwischen reversiblem und irreversiblem Fouling unterschieden, charakterisiert dadurch, wie fest sich die Moleküle an den Membranen anlagern. Dieses Foulingverhalten äußert sich immer in Form eines Anstiegs des Filtrationswiderstands. Hervorgerufen wird es durch verschiedene Phänomene. Die natürlichen Milchinhaltsstoffe lagern sich in Form von unterschiedlichen Ablagerungen – überwiegend lösliche Proteine, suspendierte Partikel, Restfetten und Mineralien an der Membran ab. Maßgeblich können dabei drei Phänomene unterschieden werden:
An der Grenzfläche der Membran bildet sich eine Polarisationsschicht aus (= größtenteils reversibles Fouling). Im späteren Verlauf der Filtration ist unter bestimmten Umständen
sogar eine Gelierung dieser Schicht möglich (= irreversibles Fouling). Adsorptive Membranverschmutzungen, welche durch physikalischchemische Wechselwirkungen zwischen der
Membran und den gelösten Stoffen ausgelöst werden (= überwiegend irreversibles Fouling). Physikalische Ablagerungen von unlöslichen Partikeln oder Ausfällungen auf der Membranoberfläche und sogar in den Poren der Membranmatrix (= irreversibles Fouling). Dabei ist der Gesamtfouling-Widerstand die Summe des reversiblen und irreversiblen Foulings während der Verarbeitung von Magermilch und hauptverantwortlich für den Leistungsverlust der Membranen. Irreversibles Fouling erfordert eine regelmäßige Reinigung der
Membranen. Dabei muss das Reinigungsmittel auch in die Poren der Membran gelangen, um unerwünschte Ablagerungen auch dort gezielt entfernen zu können. Schwierig wird es
allerdings, wenn durch die fortschreitende Verblockung der Poren, kein konvektiver Flux mehr stattfinden kann. In diesem Fall sind dann nur noch rein diffusive Lösevorgänge möglich. Die Reinigungsstrategie muss individuell daran angepasst werden.

Spezifisches Fachwissen ist notwendig

Eine fehlerhafte Anwendung von Reinigungsmitteln kann nicht selten zu gravierenden Problemen im Membranprozess führen. Nicht nur, dass die Verunreinigungen auf der
Membran verbleiben können und somit keine wirtschaftlichen Produktionszeiten mehr erreicht werden können. Sondern auch der Umstand, dass durch permanente Schädigungen
der Filter schnell sehr hohe Kosten aufgrund evtl. notwendigem Komplettaustausch eines Membransatz anfallen. „Das fehlerhafte Einsetzen von nicht geeigneten Reinigungsmitteln
stellen wir leider immer häufiger fest“, erklärt Erich Thoma, Leiter Beratungsdienst bei der Halag Chemie AG. Beispiele aus der Praxis des Beratungsdienstes der Halag Chemie AG
sind u. a.:

• Schädigung der Membrantrennschicht u./o. des Membranmoduls durch Verwendung unverträglicher Reinigungsmittel oder ungeeigneten Betriebsbedingungen (z. B. pH Wert,
Temperatur, Differenzdruck)
• Unerwünschte Veränderung der Trenncharakteristik der Membrantrennschicht
• Umwandlung von Ablagerungen in irreversible Ablagerungen, welche durch eine Reinigung nicht mehr entfernt werden können
• Unwirtschaftlicher Reinigungsbetrieb durch zu lange Spül- und Reinigungsvorgänge und Aufheizzeiten.

Der Sinner’sche Kreis und seine Bedeutung in der Membrantechnik

Dr. Herbert Sinner, erkannte bereits Ende der 1950er-Jahre, dass es insgesamt vier grundlegende Faktoren gibt, die das Reinigungsergebnis maßgeblich beeinflussen. Aus dem von ihm entwickelten sogenannten Sinner‘schen Kreis leitet sich der Schluss ab, dass die Faktoren Zeit, Temperatur, Mechanik und Chemie in enger Abhängigkeit zueinanderstehen. Das Zusammenspiel dieser vier Faktoren beeinflusst das Ergebnis der Reinigung.

• Der Faktor Mechanik dient dem Lösen von Schmutz und der Kontaktherstellung zum Reinigungsmittel. In Membrananlagen sind die Faktoren Druck, Fließgeschwindigkeit und Volumenstrom physikalisch miteinander verbunden und in enge Grenzen gesetzt. Variationen sind deswegen nur in geringem Masse möglich. Insbesondere die verwendete Membran ist hier als limitierender Faktor zu berücksichtigen.
• Der Faktor Temperatur hat einen starken Einfluss auf die Reinigungswirkung. Einerseits sinkt die Viskosität von Flüssigkeiten mit steigender Temperatur, was die mechanische Wirkung an und in der Membran allgemein erhöht. Andererseits ist die Reaktionsgeschwindigkeit chemischer Prozesse grundsätzlich auch temperaturabhängig. Als Faustregel kann gesagt werden, dass bei einer um 10 °C erhöhten Temperatur eine chemische Reaktion ungefähr doppelt bis zu viermal so schnell abläuft. Allerdings kann die Temperatur nicht beliebig erhöht werden, da die verwendeten polymeren Membranmodule, je nach Sorte, eine Temperaturbegrenzung von 50 – 70 °C besitzen.
• Der Faktor Zeit wird sehr oft unterschätzt. Bevor der eigentliche Reinigungsprozess beginnt, sind viele vorgelagerte Prozessschritte zeitlich nicht im Wesentlichen zu beschleunigen (z. B. Entleerungs-, Befüllund Aufheizvorgänge). Auch Dosiervorgänge oder Spülschritte lassen sich nur begrenzt beschleunigen. Dazu kommt, dass alle chemischen Reaktionen in einer sehr starken Abhängigkeit von der Temperatur stehen. Lösevorgänge, Zersetzung, Aufquellung, Verseifung und Dispergierung, welche hier nur als Beispiele erwähnt werden, unterliegen
immer physikalischen Zeitgesetzen. Somit ist auch dieser Faktor nur bedingt variierbar.
• Der Faktor Chemie beinhaltet die verwendeten Reinigungsmittel und -produkte sowie deren Konzentrationen. Es geht hier aber nicht nur um die reine Mengen- und Konzentrationserhöhung der Reinigungschemie. Es geht vor allem um die richtige Auswahl und Kombination an Reinigern sowie der richtigen Reihenfolge, die immer optimal an das Verschmutzungsprofil anzupassen ist. Da die vorhergehen beschriebenen Faktoren nur in sehr engen Grenzen variiert werden können, ist der eingesetzten Chemie besondere Aufmerksamkeit zu schenken.

Mögliche Reinigungsstrategien

Die Eigenschaften einer Membran und die Art der Verschmutzung auf der Membran spielen eine entscheidende Rolle bei der Wahl der effektivsten Reinigungsmittel und der Erstellung von anzuwendenden Reinigungsstrategien. „Wir erarbeiten für jeden unserer Kunden und pro Anlage und Herstellverfahren einen individuellen Reinigungsplan“, sagt der langjährige Fachmann Erich Thoma. Denis Hahn, erläutert weiter: „Meistens kommen dann verschiedene Arten unserer Reinigungsmittel (Säure, Lauge, Additive, Tenside, Komplexierungsmittel
u. v. m.) zum Einsatz. Die Kombinierbarkeit und Berücksichtigung der Eignung für die spezifische Membran ist zwar immer wieder eine Herausforderung, aber der Erfolg in Form von kürzeren, aber effektiveren Reinigungszyklen ist es wert. Unser breit aufgestelltes Produktportfolio erlaubt die Nutzung von vielfältigen Kombinationsmöglichkeiten – unser Additivkonzept ist hierfür das tragende Element.“ Die optimale Auswahl der Komponenten setzt eine detaillierte Laboranalyse von, an mehreren Stellen der Membrananlage, entnommenen Proben voraus. Das Schweizer Unternehmen führt diese Analysen schnell und gewissenhaft im eigenen Labor durch. „Je nach diagnostizierter Art und Intensität
der Verschmutzung finden dann auch mehrere pH-Wechsel während der Reinigung statt, (beispielsweise alkalische Vorspülung mit saurer Nachspülung) um sowohl organische
Verunreinigungen zu entfernen als auch mineralische Ablagerungen aufzulösen“, ergänzt Hahn. Sollte es notwendig sein, wird den Kunden auch vorgeschlagen, die gesamte
Anlage über mehrere Stunden mit einer spezifischen Reinigungslösung zu fluten. Hierbei helfen die intensiven Quell- oder Lösevorgänge das Fouling über Nacht zu lösen und
dann am nächsten Morgen mit der routinemäßigen Reinigung auszuspülen.

Schonende, enzymatische Reinigung

Bei sehr hartnäckigen Verunreinigungen kann die oxidative Entfernung der zielführende Weg sein, sofern die Membranen beständig sind. In Abhängigkeit von der Membranverträglichkeit kommen dabei neben den altbewährten Oxidationsmitteln (Wasserstoffperoxid, Hypochlorid, etc.), von der Halag entwickelte, schonende, enzymhaltige Reinigungsmittel zum Einsatz. Wichtig bei dieser Reinigungsstrategie ist, dass die Enzyme ihre optimale Wirkung nur in engen Temperaturbereichen und bei spezifischen pH-Werten
entfalten können. Diese Bereiche sind zudem abhängig vom verwendeten Enzym und Tensid. Der klassische Reinigungsplan wird hierbei zur genau einzuhaltenden Reinigungsstrategie
– und der Erfolg bestätigt den Nutzen des Aufwands.

Längere Membranlebensdauer trotz erhöhter Reinigungswirkung

keimfreie Sauberkeit wurde kürzlich mit einem neuartigen Enzymprodukt erweitert. AMC 476 ENZ ist eine Tensid- und schaumfreie hochkonzentrierte Enzym-Komponente, die als Reinigungsverstärker eingesetzt wird. Diese Kombination löst Eiweißverbindungen von den Membranen ab und dringt schneller in den Schmutz ein. Bei dieser, praktisch mikroschaumfreien Enzymreinigung können höhere Fließgeschwindigkeiten umgesetzt werden. Das bedeutet, dass physikalische Parameter, welche die Membran langfristig
schädigen würden, reduziert werden können. Ebenfalls entfallen die, durch schäumende Produkte entstehenden Lufteinschlüsse, welche ebenfalls einen negativen Einfluss auf die
Membranlebensdauer haben. Dies trägt zu einer Membranschonung und somit dem nachhaltigen Umgang mit wertvollen Ressourcen bei. Die bei der BMI angewendete Reinigungsstrategie basierte auf AMC 476 ENZ und der abgepufferten Lauge AMC 491 welche mit ihren Tensiden und Komplexbildnern die organischen und mineralischen
Ablagerungen effizient und nachhaltig entfernt.

Fazit und Ausblick

Eine optimal gereinigte Membran ist das Ergebnis der vier Faktoren des Sinner’schen Kreises, die bei jedem Reinigungsprozess optimal aufeinander abgestimmt werden müssen. Neben der reinen Mechanik kommt es auch auf die passende Temperatur und die ausreichend bemessene Einwirkzeit für die Reinigungsmittel an. Mit einer idealen Kombination aus Chemie und z. B. Enzymen können unerwünschte, unproduktive Reinigungszeiten minimiert, Energie und Wasser eingespart und somit wiederum die Produktivität einer Membrananlage maximiert werden. Die einzusetzenden Reinigungsprodukte spielen eine tragende Rolle. Ebenso wichtig ist jedoch das chemisch-technische und das Verfahrensknowhow des Lösungsanbieters, der die Reinigungsstrategie erarbeitet, um erfolgreiche, nachhaltige und effiziente Reinigungsprozesse zu gewährleisten. Auch verblockte Membranen können in
Abhängigkeit von der Kenntnis der vorhandenen Ablagerungen oft wieder erfolgreich gereinigt werden. Das dafür notwendige, spezielle Fachwissen und die Kapazität und Ausstattung des Analyselabors sind im Thurgauischen Aadorf seit vielen Jahren vorhanden. „Mit unserer Labor- und Pilotmembrananlage können wir im Kleinmaßstab die Situation der Kundenanlage nachstellen und erlangen somit wichtige Kenntnisse über die Erfolgsaussichten, der von uns individuell erarbeiteten Reinigungsstrategien“, erklärt Dr. Hansruedi Mürner, Verantwortlicher Leiter des Membranpflegeprogramms AMC der Halag Chemie. Dies erspart dem Kunden aufwändige und evtl. nicht von Erfolg gekrönte Versuche auf seiner Anlage. „Die Identifikation von Verschmutzungen an verschiedenen Stellen in der Membrananlage ist essenzieller Bestandteil unseres zum Patent angemeldeten AMC-Verfahrens. Unser oberstes Ziel ist die Gewährleistung der Lebensmittelsicherheit für unsere Kunden. Dies darf aber nicht auf Kosten der Leistungsfähigkeit der Membranen gehen, welche
durch die falsche Anwendung von nicht geeigneten Reinigungsmitteln schnell geschädigt werden können. Wenn eine Membran ihre Trenncharakteristik verliert, können auf der
Anlage nicht mehr die gleichen Produkte wie vor der Reinigungsbehandlung produziert werden. Der Austausch eines kompletten Membransatzes ist der Super-GAU für unsere
Kunden. Um diesen zu vermeiden, testen wir ausgiebig im Labormaßstab“. schließt Dr. Mürner ab. Eine professionelle Reinigung von Membranen beinhaltet sowohl die möglichst vollständige Entfernung aller filtrationshemmenden Substanzen auf und in der Membran als auch die Pflege der Trennschicht, um den Membranlebenszyklus so lange wie möglich zu
erhalten.

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